Beschwerde-Management 2.0 - Teil 2: Beschwerde-Profi in neun Schritten
In 9 Schritten zum Beschwerdeprofi und 3 No-Gos bei Kundenbeschwerden und Reklamationen
Reklamationen - f?r viele Shopbetreiber sind das die sauren Zitronen im e-Commerce. Mag. Eliabeth St?llinger, langj?hriger Profi im Reklamationsmanagment, zeigt in Artikel 2 ihrer Artikelserie "Beschwerdemanagement 2.0" neun Schritte der erfolgreichen Reklamationsbehandlung. So bauen Sie ein erfolgreiches Reklamationsmanagement im Shop auf, sorgen f?r effizientere Abl?uf und zudem f?r Kundenbindung. Im Artikel finden Sie auch vier No-Gos, die Sie unbedingt vermeiden sollten, damit unzufriedene Kunden nicht zu ver?rgerten Kunden werden. Reklamationen geh?ren zum Gesch?ft eines Webshops, sorgen Sie daf?r, dass Beschwerden und Reklamationen nicht mehr der Sand im Getriebe sind.
Kundenw?nsche und -Erwartungen im Beschwerdefall
Gehen wir davon aus, dass der Kunde einen Grund hat, sich zu beschweren, so zeigen ihm folgende Tatsachen und Verhaltensweisen, wie es um die Kundenorientierung und Beschwerdekultur des betreffenden Unternehmens steht. F?r einen Kunden ist eine Beschwerde der "Augenblick der Wahrheit".
1. Eine konkrete zust?ndige Person als Ansprechpartner haben - sei es am Telefon oder via Mail
Das klingt sehr easy, aber darin liegen sehr wohl ein paar Stolpersteine verborgen. In manchen Unternehmen ist es schwer, die zust?ndige Person zu finden, die Fluchttendenz kann arge Z?ge annehmen: "Das hat meine Kollegin gemacht und die ist heute nicht da." - "Daf?r bin ich nicht zust?ndig, da sind Sie bei mir v?llig falsch." Diese Aussagen geh?ren leider nicht der Vergangenheit an, sie sind immer wieder zu h?ren.
Auch hat es sich in der Mail-Korrespondenz noch nicht in allen Unternehmen durchgesprochen, dass die/der konkrete Ansprechpartner/in Bestandteil der professionellen Signatur ist und dass im Text die M?glichkeit der Kontaktaufnahme mit einer namentlich angef?hrten Person anzubieten ist.
2. Ein offenes Ohr - wirklich geh?rt werden
Damit ist das feine emotionale Hinsp?ren gemeint, was emotional los ist auf Kundenseite. Ist der Kunde nett, dann ist dies ganz leicht. Weniger leicht ist es schon, wenn ich es mit einer sehr aufgebrachten Person zu tun habe, die mich beschuldigt, uns f?r einen Chaotenhaufen h?lt und ?berhaupt gleich zum Konsumentenschutz geht, weil wir so ... sind.
In diesem Falle ist es mit dem Hinh?ren etwas schwerer. Die negative Emotion und diesen Wind wirklich aushalten, das ist das Kunstst?ck, dabei aktiv zuh?ren, nicht dagegen reden und den Kunden nicht unterbrechen. Sehr oft muss ich bei meinen Feldchecks mith?ren: "Entschuldigung, darf ich auch etwas sagen. Ganz so ist das nicht, wie Sie das sagen". ? Das reizt den Kunden nur noch mehr.
Ganz anders klingt im Kundenohr: "Herr Muster, da ist wirklich etwas schiefgegangen, bitte entschuldigen Sie. Ich kl?re das f?r Sie und bringe das in Ordnung." Das bringt selbst den Aufgebrachtesten meist dazu, wieder durchzuatmen und sich zu beruhigen.
Tipp: ?berlegen Sie sich f?r die eigenen Kundensituationen passende seri?se "Beruhigungsstatements" ? damit Sie sie im Bedarfsfall "zur Verf?gung" haben.
3. Ernstgenommen werden, Verst?ndnis gezeigt bekommen
Es kommt immer wieder vor, dass der Kunde sich nicht ernstgenommen f?hlt, etwa durch Aussagen wie: "Haben Sie schon vorher die Gebrauchsanleitung durchgelesen?" "Haben Sie schon den Stecker eingesteckt?" ? Da f?hlen sich die Leute auf den Arm genommen.
Kundenfreundlicher klingt: "Ich verstehe, Herr/Frau XY, das ist wirklich unangenehm. Ich schaue gleich, was wir f?r Sie tun k?nnen. ?"
4. Pers?nliches Bem?hen und Engagement
Im Beschwerdefall m?gen Kunden keine super coolen Typen, sondern Menschen aus Fleisch und Blut, bei denen sie merken, dass ihr Problem durch den Einsatz des anderen die Chance auf eine L?sung bekommt.
5. Ist tats?chlich etwas schiefgelaufen, eine ernstgemeinte Entschuldigung vers?hnt auch sehr ver?rgerte Kunde
Zwei Arten von Entschuldigung, beide immer wieder zu h?ren:
a) "Es tut mir leid, aber ich kann da nichts tun!"
b) "Bitte entschuldigen Sie, dass das passiert ist."
Merken Sie den Unterschied? Wie f?hlen Sie sich, wenn jemand a) und wie, wenn jemand b) zu Ihnen sagt? Was h?ren Sie lieber? Wann f?hlen sie sich mehr ernstgenommen?
6. Gr?nde und Ursachen erfahren
Manchmal ist es f?r Kunden sehr hilfreich, wenn sie erfahren, aus welchen Gr?nden etwas schiefgelaufen ist (z. B. Lieferung ging anstatt nach ?sterreich in die Schweiz).
Bedenken Sie hier aber das Prinzip der geschickten Ehrlichkeit, denn es kann auch Gr?nde geben, die man besser verschweigt, weil sie den Kunden nur verunsichern w?rden.
7. Goodwill, Wiedergutmachung, Fairness
Eine gewisse Gro?z?gigkeit, wenn man etwas "verbockt" hat, wirkt bei Kunden langfristig. Das merken sie sich gut.
8. Nat?rlich m?chten die Kunden die konkrete L?sung haben, manchmal braucht es auch eine ?berbr?ckung
Hier hat sich gezeigt, dass es Kunden sehr gerne haben, wenn man ihnen zwei Alternativen anbietet und sie sich selbst f?r die passende L?sung entscheiden k?nnen. Vorausgesetzt nat?rlich, die Situation erlaubt das.
9. Schlussendlich h?ren Kunden gerne einen Tipp f?r die Zukunft
Zum Beispiel, dass wir ihnen eine Ma?nahme sagen k?nnen, die wir setzen, damit das nicht mehr passiert: "Wir machen einen Vermerk in unserer Datei, dass wir auf das und das besonders aufpassen."
Die Beschwerde-No-Go?s
Was geh?rt zu den Don?t?s, die in Sachen Beschwerde nicht passieren sollen? Herausstellen m?chte ich vier absolute No Go?s.
1. Die erste Aussage = "Nein, das geht nicht!"
Beispiel gef?llig? Das habe ich vor nicht allzu langer Zeit in einem Gesch?ft geh?rt. Kundin: "Sie k?nnen mir das sicher austauschen" - Verk?ufer: "Nein, austauschen k?nnen wir Ihnen das nicht!"
Besser w?re wohl gewesen: "Frau XY, darf ich bitte das Ger?t haben, ich schaue gleich, was wir f?r Sie tun k?nnen."
Als Ergebnis kann ja immer noch herauskommen, dass das Teil nicht ausgetauscht werden kann. Aber Sie geben mir sicher Recht, dass ?rger und Misstrauen der Kundin mit dem automatisch-sofortigen Nein noch steigen bzw. sp?testens jetzt hochkommen.
2. Kunde Schuld zuweisen und in Verlegenheit bringen
Die Tods?nde ist hier, dem Kunden die Schuld in die Schuhe zu schieben, so quasi "H?tten Sie halt ?, dann ?" Dazu gibt es noch eine Steigerungsm?glichkeit im negativen Sinne: Dem Kunden das Gesicht verlieren zu lassen und anzudeuten, dass er ungeschickt, doof, bl?d etc. ist. Wenn m?glich, noch dazu vor anderen Personen!
3. Keine Reaktion bzw. zu lange Reaktionszeiten
Im E-Mail-Kontakt gilt als akzeptable Reaktionszeit je nach Branche: ?-tag-gleiche Antwort. Wobei dies nicht bedeutet, sofort die L?sung anbieten zu m?ssen, sondern nur die Info, dass das Anliegen bearbeitet wird und was im ersten Moment dazu gesagt / geschrieben werden kann.
Telefon-R?ckruf: wie zugesagt. Ganz schlecht ist, sich am Telefon verleugnen lassen!
4. Unfreundlichkeit und Befehlston
Gerade sehr unfreundliche Mails laden im ersten Moment dazu ein, ebenso unfreundlich zur?ckzuschreiben. Denken Sie in so einem Fall an die professionelle Haltung und an die Regel, dass schlechtes Benehmen dort bleibt, wo es stattfindet. Hat sich ein Kunde im Ton vergriffen, so ist das seine Sache. Wir sollten auf keinen Fall auf diese Ebene einsteigen, sondern bei unserem guten Stil bleiben.
F?r den Mail-Kontakt gibt es mehrere M?glichkeiten, sich selbstbewusst abzugrenzen und sachlich zu bleiben. Im pers?nlichen oder telefonischen Kontakt helfen spezielle Strategien, damit man selbst einer etwaigen Einladung zur Unfreundlichkeit nicht folgt. Und damit keine Missverst?ndnisse aufkommen: bestimmt und freundlich schlie?en einander nicht aus! Der Beschwerde-Profi kann auf dieser Klaviatur gekonnt spielen.
Leider kommen auch Beleidigungen und Schimpfw?rter vor. Aber selbst daf?r stehen ad?quate Strategien zur Verf?gung: sei es die ?berh?rtaktik oder die "professionelle Warnung" als Abgrenzung mit Einladung zur L?sung.
Sie sehen, es ist nicht notwendig, in den Don?t-Bereich einzutreten, Beschwerde-Profis wissen sich in allen F?llen zu helfen!!!
Autorin des Artikels:
Mag. Elisabeth St?llinger, Wirtschaftspsychologin
Wirtschaftstrainerin, Senior Business Coach f?r Kundenorientierung, Teamentwicklung und Ver?nderungsprozesse
Mag. Elisabeth St?llinger ist eine der Beschwerdemanagement-Pionierinnen im deutschsprachigen Raum. Seit 1998 trainiert und coacht sie F?hrungskr?fte und Mitarbeiter/innen im professionellen Beschwerdeverhalten und ber?t Unternehmen, wie sie ihr Beschwerdemanagement am allerneuesten Stand halten.
Teil 1: Beschwerdemanagement 2.0 professionelles Beschwerdemanagement
Erschienen am 21.07.2011, um 15:37h.
